Erland Schneck-Holze liebt es pompös: Seine Inszenierungen sind monumentale Werke, gerne vier Stunden lang, kulissenreich, mit bis zu 100 Darstellern auf der Bühne und mehreren Dutzend Helfern dahinter. Nein, der Mann ist nicht etwa Intendant eines Opernhauses, sondern Leiter der Theatergruppe der Hohen Landesschule – und in Hanau eine Institution. Ein liebenswert schräger Vogel, ein Besessener, dessen opulente Produktionen legendär sind. Sogar das Trojanische Pferd brachte er auf die Bühne; Schüler waren darin versteckt.
Nur die großen Klassiker
33 Stücke hat Deutschlehrer Schneck-Holze seit 1976 mit dem Hola-Ensemble einstudiert, ganze Generationen von Oberstufenschülern des Traditionsgymnasiums arbeiteten sich unter seiner Regie an den großen Klassikern ab. Denn unter Goethe, Schiller, Shakespeare und Co. machte es der Oberstudienrat nicht: Auf dem Spielplan standen unter anderem „Faust I und II“, „König Lear“, „“Troja“, Die Nibelungen“, „Nathan der Weise“ oder „Maria Stuart“. Eine ambitionierte Auswahl, die jedem Stadttheater zur Ehre gereichen würde.
Noch eine Inszenierung im September, Shakespeares märchenhaftes Drama „Der Sturm“, dann geht der 65-Jährige in den Ruhestand; Nachfolger als Leiter der Theatergruppe wird Andreas Kühnel, einer seiner ehemaligen Schüler und Darsteller und heute selbst Lehrer an der Hola.
Zum Abschied und zur Sicherung des Fortbestands der Theatergruppe veranstaltet der Club „Soroptimist International“ am Samstagabend im Comoedienhaus eine – ausverkaufte – Benefizgala, bei der neben Hanauer Größen wie Benjamin Baumann, Frieder Arndt oder Frank Mumme auch Dominic Raacke und Rolf Kanies auftreten. Beide haben große Karrieren gemacht: Raacke gehört zu den bekanntesten deutschen Schauspielern, populär wurde er vor allem als Kommissar Ritter im Berliner „Tatort“. Kanies, 1994 preisgekrönt als „Nordrhein-Westfalens bester Schauspieler, war unter anderem im Film „Der Untergang“ zu sehen.
Beide waren Schüler der Hohen Landesschule. Beide initiierten sie zusammen mit dem damaligen Referendar Erland Schneck-Holze die Theatergruppe – mit deren erster Produktion „Leonce und Lena“ sie 1976 in der Stadthalle ihr Debüt gaben: Dominic Raacke als König, Rolf Kanies als Valerio. Auch in der nächsten Inszenierung, „Tango“ von Slawomir Mrozek wirkten sie noch mit, bevor sie nach dem Abitur 1978 Schauspiel studierten.
Der spätere Erfolg seiner beiden Schützlinge sei für ihn damals schon „absehbar“ gewesen, sagt Schneck-Holze, „hochbegabt“ seien sie gewesen, „vom Typ sehr unterschiedlich“. Es habe sich auch abgezeichnet, dass Raacke eher zum Film und Kanies eher zur Bühne strebe; heftige Diskussionen hätten sie darüber geführt.
Bis heute ist der Kontakt zu ihrem ehemaligen Lehrer nicht abgerissen – wie überhaupt das Gros seiner Schüler den Pädagogen sehr zu schätzen scheint. „Er ist anstrengend, aber extrem produktiv. Und er lässt den Schülern viel Freiraum“, sagt sein Nachfolger, „deshalb lieben sie ihn“.
Quelle: Frankfurter Rundschau
Ohne das äußerst bemerkenswerte Engagement der Soroptimistinnen Hanaus und dem Engagement der damaligen Präsidentin Ursula König und Frau Lomiento wäre die nachfolgende Veranstaltung nie realisiert worden. Die eingespielte Benefizsumme wurde für Schnecks letztes Projekt der Theatergruppe im CPH verwendet. Herzlichen Dank allen Organisatoren und Mitwirkenden für diese großartige Initiative!
Bezaubernde Benefizgala
Mit einem fulminanten Theaterabend ehren Schüler und Ehemalige der Hohen Landesschule ihren Regisseur Erland Schneck-Holze. Nachfolger Andreas Kühnel hat schon viele neue Ideen für das Projekt.
Von Christoph Süß
Ziemlich großes Welttheater“ hatte Regisseur Benjamin Baumann für den Samstagabend im Comoedienhaus versprochen – bei mehreren Profi-Schauspielern war dies auch zu erwarten. Herausgekommen ist dabei eine bezaubernde Gala-Nacht, die zum vorweggenommenen Abschied für Erland Schneck-Holze geriet – den Mann, der die Inszenierungen der Hohen Landesschule zu einer Institution gemacht hat.
Das kleine Haus im Staatspark platzte aus allen Nähten, so dass Deutschlehrer Schneck mit einem Platz links außen in der Loge Vorlieb nehmen musste. Was er dort in über zwei Stunden geboten bekam, führte nicht nur bei ihm selbst zu Tränen der Heiterkeit und der Rührung. Das Publikum amüsierte sich prächtig bei der Talk-Revue der ehemaligen Schneck-Schüler, die der Journalist Andreas Hieke moderierte.
Unumstrittener Höhepunkt war der Auftritt von Christian Klein als Schneck-Holze. Was dieser mit mehreren Holanern zum Besten gab, ließ kein Auge trocken und erlaubte selbst dem nicht Eingeweihten, sich ein Bild von der anstrengenden Arbeit mit dem Dramaturgen und Intendanten in einer Person zu machen.Mal chaotisch-hektisch-unbeherrscht, im nächsten Moment reumütig-besorgt um seine „Kinners“ und ganz der liebevolle Pädagoge, mimte Klein den Lehrer, der sich vor Lachen kaum auf seinen Stuhl halten konnte. Als mit „Blut, Schweiß und Tränen“ verbunden hatte der Förderverein vor Beginn das Projekt beschrieben.
33 Jahre Schneck-Holze
Ganze Generationen von Schülern seien in 33 Jahren durch „Schnecksche Hände“ gegangen. Trotz mancher Knüppel, die ihm die Schulleitung in den Weg legte, hat er es jedes Jahr geschafft, eine Inszenierung auf die Bretter zu bringen. Meist widmete er sich klassischen Stücken, die monumentale Ausmaße annahmen. Doch für solche Auftritte fehlen die Mittel.
Schneck-Holzes Nachfolger Andreas Kühnel, ebenfalls Holaner und am Samstag vor allem gefühlvoller Pianist, will so manches anders machen. „Jeder Abschied ist auch ein Anfang“, sagte er. So sei ein eigenes Fach für Darstellendes Spiel an der Hola in Planung. Angesprochen auf das Erbe, das er antritt, gab er sich zurückhaltend. „Schneck ist länger an der Schule, als ich auf der Welt bin“, sagte er. An den Moment des Abschieds von seinem Mentor will er noch nicht denken.
Tatort-Kommissar Raacke mit dabei
Derzeit proben sie für die 34. Auflage den „Sturm“ von Shakespeare. Damit das Stück im teuren Congress Park aufgeführt werden kann, hatten die Frauen von Soroptimist – einer internationalen Organisation, in der sich beruflich erfolgreiche Frauen für wohltätige Zwecke einsetzen – die Gala in Wilhelmsbad organisiert. Sponsoren zahlten die Miete, die Einnahmen kommen dem Förderverein zugute. Galeristin Ursula König hätte laut eigener Aussage ein Vielfaches der Karten verkaufen können.
Der Berliner Tatort-Kommissar Dominic Raacke und der Rodenbacher Charakter-Darsteller Rolf Kanies waren an dem Abend nur ein kleiner Teil des Ganzen. Daneben gab sich ein Who’s who der Hanauer Amateur-Schauspielszene ein Stelldichein. „Ich bin heute nur Gast“, hatte Erland Schneck-Holze vor Beginn der Show noch gesagt. Am Ende ließ auch er es sich nicht nehmen, einige Passagen aus seinen geliebten deutschen Klassikern von Goethe und Schiller zum Besten zu geben.
Quelle: Frankfurter Rundschau